Seite 707 der Bibel
(Hiob 34,15-37)
 
Elihu – der jüngste der Freunde von Hiob – ergreift das Wort. Und wie! Er redet und redet… Ganze sechs (!) Kapitel lang! Auch er gibt viele Richtigkeiten von sich (siehe GRC99). In unserem Abschnitt spricht er von Gott, wie wenn alles klar wäre. Er hebt hervor, dass Gott gerecht ist (V.17) und dass er auch für das Recht sorgt (V.18). Er redet davon, dass Gott jeden bestraft, der unrecht tut. Er prangert Hiobs Selbstgerechtigkeit an, mit der er Gottes Gerechtigkeit in Frage stellt (V.33ff).

Mir fällt eines dabei auf: Für Elihu ist alles klar und einfach. Und genauso kommt es mir oft auch unter Christen vor: Alles ist klar und einfach. Simpel. Man weiss auf alles die richtige Antwort. Es ist klar, dass Gott gerecht ist – die Realität, das echte Leben hat sich zu fügen. Und wenn es mal nicht passt (auf unsere Vorstellungen wer Gott ist und was er tut), dann macht man die Augen zu, beschönigt, überpinselt, argumentiert – jedenfalls: auch darauf hat man eine Antwort. Muss man ja, denn: Alles (die Bibel, Gott, der Glaube, das Leben) ist klar und einfach!
Ich weiss, ich übertreibe. Aber nur ein Bisschen. So kommt es mir oft vor und erschreckenderweise entdecke ich immer wieder etwas davon auch bei mir.

Spannend: In der Bibel sehen wir, dass diese Spannung ausgehalten wird. Ja – Gott ist gerecht! Das stimmt. Ja – oft ist es in dieser Welt alles andere als gerecht und Gott scheint nichts dagegen zu tun (entgegen V.30). Schon die Leute, die die Psalmen geschrieben haben hielten diese Spannung aus. Allen voran Asaf: „Ich aber hätte beinahe an ihm gezweifelt, fast hätte ich den Glauben aufgegeben. Denn ich beneidete die überheblichen Menschen: Ihnen geht es gut, obwohl Gott ihnen völlig gleichgültig ist…“ (Psalm 73,2ff). Diesen Dingen in die Augen zu schauen, das ist gernauso Gott-gerecht wie ihm völlig zu vertrauen: „Selbst wenn alle meine Kräfte schwinden und ich umkomme, so bist du doch, Gott, allezeit meine Stärke – ja, du bist alles, was ich habe!“ (Psalm 73,26) Beides entspricht Gott. Das ist nicht einfach. Diese Spannung auszuhalten ist nicht leicht. Damit hat man nicht alle Antworten. Aber man bleibt trotz allem nah bei Gott. Vielleicht ist da eine neue Wortschöpfung angebracht: Das ist gottgerecht.

 

 
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Wie ist das bei dir? Kannst du Gott Gott sein lassen? Oder neigst du dazu alles zu vereinfachen, obwohl es nicht so einfach ist? Bist du „gottgerecht“ und kannst diese Spannung aushalten und trotz allem oder erst recht nah bei Gott sein? Nimm dir doch kurz Zeit und drück Gott gegenüber aus, was dir jetzt durch den Kopf und durchs Herz geht… Vielleicht kommen dir Ungerechtigkeiten, Ungereimtheiten und Fragen ohne Antworten in den Sinn. Sag es Ihm! Dank ihm auch dafür, dass Gott zwar nicht leicht verständlich aber auf jeden Fall gut ist.