Auch wenn der Titel dieses Artikels „Hoffnungs-Matrix“ heisst, geht es eigentlich um Enttäuschungen. Denn dort wird das, was wir gehofft haben besonders greifbar. Enttäuschungen sind schmerzhaft, aber letztlich wichtig, denn sie zeigen uns, wo wir uns getäuscht haben; Ent-Täuschungen eben. Normalerweise nehmen wir Enttäuschungen einfach als negatives, diffuses Gefühl war und eine normale Reaktion darauf ist, unsere Hoffnungen herunterzuschrauben, damit wir nicht wieder oder weiter enttäuscht werden. Auch ganz normal. Wir Menschen versuchen Schmerz zu vermeiden. Aber ist dieser „normale“ Umgang wirklich gut?

Meiner Meinung nach gibt es einen besseren Weg. Enttäuschungen sollten dazu führen, dass wir daraus lernen. Das Problem ist, dass wir nicht so richtig wissen, was wir jetzt mit diesem Gefühl anfangen sollen. Als Hilfe habe ich die Hoffnungs- oder Enttäuschungs-Matrix entwickelt (wow klingt das gut – der Gedanke dazu kam mir bei der Vorbereitung für eine Predigt). Die Idee dieser Matrix ist es, etwas Ordnung ins Gefühlschaos zu bringen und ist ein Werkzeug, das aufdecken hilft, wo die Täuschung liegt.

Hoffnungs-Matrix

Es gibt zwei „Denk-Achsen“: Die Sach-Ebene und die Person-Ebene. Auf der Sach-Ebene geht es darum WAS ich gehofft habe. Die zwei Pole sind ob dieses Was begründet ist oder nicht. Auf der Person-Ebene geht es ums WER; mit wem hat meine Hoffnung zu tun? Im einen Extrem hat es nur mit mir zu tun und niemand sonst ist involviert, im anderen Extrem hat es nur mit einer oder mehreren anderen Personen zu tun. Es ist eine Matrix, das heisst, dass Dinge in den seltensten Fällen ganz klar dem einen oder anderen Extrem/Pol zugeordnet werden können, sondern bewegen sich mehr oder weniger in die eine oder andere Richtung.

Diese Matrix hilft dabei die Enttäuschung/Hoffnung zu reflektieren, damit man anschliessend besser damit umgehen und vor allem angemessene und hilfreiche Schritte gehen kann. Wichtig: Es geht nicht darum, Hoffnungen/Enttäuschungen eindeutig zu verstehen und zu „kategorisieren“ (ich glaube, dass ich dies in der Predigt etwas zu wenig betont und beachtet hatte).

Ein paar Beispiele (zur „Auflösung“ auf die Aussage klicken):

Sache: Diese Hoffnung ist unbegründet. Es wäre schön, aber es gibt keinen wirklichen Grund dafür wieso das so sein sollte.

Person: Diese Hoffnung involviert keine andere Person, niemand ist „schuld“ daran – es ist schlicht und einfach mein Wunsch… (Die Gott-Dimension sprechen wir weiter unten an).

Fazit: Auf der Matrix bewegt es sich Richtung unten links. Eine praktische Konsequenz wäre darüber nachzudenken, ob ich eine unrealistische Einschätzung des Lebens habe, dass es immer aufgehen, immer zu meinem Vorteil sein müsste, dass das Leben aus meiner Sicht schmerzfrei verlaufen müsste (für mich).

Sache: Diese Hoffnung kann begründet oder unbegründet sein. Vielleicht hättest du die Kapazität und das Know-How, vielleicht aber auch nicht.

Person: In diesem Beispiel gehe ich davon aus, dass es vor allem mit mir selbst zu tun hat und keine andere Person daran „schuld“ ist (z.B. der Experte…)

Fazit: Wenn diese Hoffnung ent-täuscht wurde, sollte man sich fragen wieso? War das Ziel unrealistisch (hat vor allem mit mir zu tun, dass ich realistischer werden sollte). Habe ich zu wenig investiert, dafür gearbeitet (hat vor allem mit mir zu tun und ich müsste mir überlegen, wie ich das angehen könnte). Je nachdem bewegt es sich auf der Matrix nach links oben oder unten.

Sache: In einer Beziehung oder einer Ehe ist diese Hoffnung begründet, denn in verbindlichen Beziehungen ist Treue ein entscheidender Wert (und wurde bei der Hochzeit sogar versprochen).

Person: Es bewegt sich ganz klar Richtung der anderen Person. Vielleicht spiele ich eine gewisse Rolle darin und doch war es die andere Person, die untreu war! Man hat sich also im Charakter des Partners getäuscht.

Fazit: Auf der Matrix bewegt es sich Richtung rechts oben. Praktische Schritte wären Konfrontation bis hin zur Distanzierung –  ohne unangemessene Selbstzweifel. Falsche Reaktion wäre die Hoffnung „runterzuschrauben“ und sich zu „arrangieren“. Nuancen wären, wenn ich vor der Hochzeit schon Anzeichen von Charakterschwäche entdeckt, aber „rosa“ ignoriert hatte. Dann wäre die Hoffnung unbegründeter und ich hätte vor der Bindung nüchterner und konsequenter sein sollen.

Sache: Wenn es sich z.B. um eine Abmachung handelt, den Abfall runterzutragen, dann wäre es begründet. Wir gehen hier aber davon aus, dass die Sache unbegündet ist, wie ein Nachbar, der zu Besuch ist, und deinen Abfall auf dem Weg nach Hause nicht einfach mitgenommen und an die Strasse gestellt hat (um ein übertriebenes Bsp zu wählen).

Person: Aus deiner Sicht hätte es vor allem mit der anderen Person zu tun. Also Richtung oben rechts. In Wahrheit handelt es sich aber um eine überrissene/falsche Erwartung an die andere Person – es war weder seine Aufgabe noch ein Versprechen. Es bewegt sich also Richtung unten rechts oder unten Richtung Mitte.

Fazit: Meine Vorstellungen müssten deckungsgleicher mit der anderen Person werden. Keine Projektionen mehr (die Person wie ich sie gerne hätte, mir vorstelle) und deshalb sollte ich die andere Person besser kennenlernen und Vorstellungen/Erwartungen klären.

Gott: Begründete Hoffnung

Bis jetzt haben wir von Hoffnungen/Enttäuschungen aller Art gesprochen. Wie ist das aber mit Gott? Enttäuscht uns Gott nie? Auf jeden Fall enttäuscht uns Gott! – die Bibel ist voll von Menschen, die von Gott enttäuscht wurden. Denn wie wir gesehen haben haben Enttäuschungen vor allem  mit uns selbst zu tun (3 von 4 Felder). Gott versetzt uns aber nie! Enttäuschung oben-rechts gibt es bei Gott nicht, denn er ist 100% verlässlich. Ja, es kann sein, dass es sich so anfühlt (Klage-Psalmen sind ein gutes Beispiel für den Umgang damit). Ja, es kann sein dass wir ein falsches Bild von Gott haben und Dinge erwarten, die er so gar nicht versprochen hat.

Zwei Dinge, die mich im Blick auf uns Christen beschäftigen:
1. Ich habe den Eindruck, dass wir als westliche Christen oft meinen, dass unser Leben reibungslos laufen müsste, da wir ja zu Jesus gehören. Ent-Täuschung ist hier not (unten-links, unten-rechts). Das hat er uns nie versprochen – im Gegenteil. Aber wie oft schieben wir Unbegründetes, das eigentlich nur mit uns selbst zu tun hat Gott in die Schuhe (siehe oben das Hochzeits-Wetter-Beispiel).
2. Gleichzeitig schrauben wir aber unsere Erwartungen bei den Dingen, die er uns versprochen hat hinunter (und bei denen wir oft auch eine aktive Rolle spielen würden), passen seine Verheissungen unseren Erfahrungen an und schieben Gott unsere Nicht-Erfahrungen in die Schuhe.

Und zum Schluss:

Biblische Hoffnung ist begründete Hoffnung, die nicht in erster Linie mit Dingen/Sachen zu tun hat, sondern mit einer Person. Jesus ist unsere Hoffnung! Hoffnung in Person! Das sollten wir wieder neu ins Zentrum rücken!

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