Diesen Titel könnte man ja als Aufforderung verstehen, dass man diese Welt mit mehr Grünzeug versehen sollte. Das mag vielleicht sein, aber der aufmerksame Leser wird bereits gemerkt haben, dass es hier nicht um rankendes Unkraut, sondern um ein Bild für geistliche Prozesse geht. *
Wenn ich in diesem Artikel jetzt nur ein Bild verwenden würde, dann würde das die Angelegenheit etwas einfacher machen. Aber das klappt nicht ganz. Ein Bild ist zu klein – es wird gesprengt. Viele von uns sehen sich gerne in der Rolle des Gärtners. Der Gärtner pflanzt die Samen oder bereits kleinen Pflänzchen in den Boden. Er hegt und pflegt sie. All das macht er von aussen, wie wenn er gar nichts mit dem Grünzeug gemeinsam hätte… Das ist das normale Bild, das wir von Evangelisation haben – behaupte ich jedenfalls: Wir kommen von aussen und machen Evangelisation. In einem besonderen, bewussten Akt setzen wir ein neues Pflänzchen, streuen den Samen. Und das hat ja auch was! Jedenfalls braucht die Bibel dieses Bild an verschiedenen Stellen. Der Titel des Artikels könnte also auch als Motto für fleissige Gärtner verstanden werden: Pflanzen, pflanzen, pflanzen!!!
Aber – und da wird es besonders spannend – wir sind selbst ja auch Pflanzen. Wir sind immer noch am Wachsen (hoffentlich), haben es nötig, dass wir begossen und gepfelgt werden. Das ist das zweite Bild. Und was tut eine Pflanze sonst noch? Sie pflanzt sich fort! Letztlich kann nur eine Pflanze andere Pflanzen pflanzen. Alles klar? Das nennt man Multiplikation. Eine Pflanze multipliziert sich selbst. Es ist ganz natürlich für ein gesundes Gewächs, dass es sich fortpflanzt. Unnatürlich wäre es, wenn es nicht geschehen würde…
Dieses Bild scheint uns weniger geläufig zu sein. Wieso? Wir sind mitten drin. Wir sind ein Teil davon. Es geht nicht nur um irgendeine Aktion, sondern um unser Leben. Es geht darum, dass unser Leben sich reproduziert. Wo kein Leben ist, keine neuen Pflanzen – so einfach. Wo Leben ist: Neue Pflanzen.
Dieses Bild geht uns vielleicht gegen den Strich, fordert uns, schüttelt und rüttelt uns wach. In diesem Bild können wir die „Sache Evangelisation“ nicht von aussen betrachten – denn wir sind ein Teil davon. Evangelisation findet hier nicht in einem sterilen Rahmen im Gewächshaus (Gemeindegebäude) statt, wie wir oft glauben wollen. Sie findet nicht statt, indem wir irgendwelchen herumfliegenden Sämchen draussen zurufen, dass sie zu uns in die Wärme kommen sollen. Diese Multiplikation findet draussen statt. Im normalen Leben. Unter dem Himmel, auf hartem Boden, in den Fugen zwischen den Asphaltplatten (hast du schon mal gesehen, wo Löwenzahn überall wächst?!). Da, wo nicht alle Bedingungen perfekt sind. Aber sie findet statt. Durch dich. Absichtlich oder unabsichtlich – einfach weil du Lebensspender bist. Einfach, weil es deiner Natur (als Christ) entspricht, dich zu vermehren. Ich bin der Überzeugung, dass wir zu lange auf künstliche Befruchtung gesetzt haben und uns wieder dem Lauf der Natur beugen sollten. Das fällt uns nicht einfach, denn dann könnten wir als Pflanzen in Frage gestellt werden.
Aber wie gesagt – ich sehe ein, dass auch das Bild vom Gärtner Berechtigung hat. Vor allem für Leute, die Leitungsfunktionen wahrnehmen (obwohl der Gärtner immer auch Pflanze ist!). Der Gärtner ist mit dafür verantwortlich, dass Pflanzen gesund sind und sich multiplizieren. Ein interessanter Hinweis: Ein Gärtner weiss, dass die Pflege bereits anfängt, bevor aus dem Samen ein Pflänzchen hervorgebrochen ist. Oft haben wir den Eindruck, dass Jüngerschaft dann beginnt, wenn sich Menschen bekehrt haben. Das ist falsch. Jüngerschaft beginnt vor der Bekehrung. Ein Samenkorn braucht bereits guten Boden, Wasser, Pflege und sollte schon behandelt werden, wie wenn es eine richtige Pflanze wäre. Nur dann wird auch eine daraus! Jesus – unser Chefgärtner – hat genau das mit seinen Jüngern gemacht. Evangelisation durch Jüngerschaft. Das wär doch ein spannender und vor allem biblischer Ansatz!
* Ps: Wenn jetzt Gärtner oder sachkundige Menschen diesen Artikel lesen und sich fragen, ob ich eigentlich irgendeine Ahnung von Botanik habe, lautet die Antwort: nicht sehr viel! Aber ich bin sicher, dass eure christliche Grossherzigkeit und Toleranz über das Fachwissen siegen werden .
Autor: Michael Berra, geschrieben für forum-jugend
Dieser Artikel ist ursprünglich auf dem Webportal für Jugendarbeit erschienen…Um alle Gedankenanstösse zu sehen, besuche die Webseite der Jugendarbeit young-people.ch