Ich weiss nicht, ob dir der Begriff „Sissi“ etwas sagt. Wahrscheinlich sagt dir aber der Film „Sissi“ etwas: schmalzig und schnulzig süss. So kommen mir Christen oft vor! Wir haben das Evangelium, die Botschaft der Bibel und den Anspruch Gottes verweichlicht. Der „liebe Gott“ ist auch für uns Frommen – obwohl wir das nie so sagen würden – ein Opa mit grauem Bart, der freundlich lächelt.

„Nur kein Stress“ lautet unsere Devise und damit meinen wir, dass wir halt nicht perfekt und heilig sind, sondern eben auch nur sündige Menschen. Ich aber sage: Gott hat alles gegeben, deshalb müssen wir jetzt auch „alles geben“!

Fangen wir mal vorne an. Gott ist heilig, deshalb müssen auch wir heilig sein (3.Mose 11,44, allein in diesem Buch kommt das 6mal vor!)! Das ist Gottes Anspruch. Punkt. Nun sagen vielleicht manche, das sei AT und gelte heute nicht mehr. Darüber lässt sich streiten, aber die zehn Gebote gelten doch wohl noch, oder?! Ein paar Beispiele (2.Mose 20,1ff): Wir sollen nichts haben, das uns wichtiger ist als Gott – keine anderen Götter! Niemanden ermorden – easy! Nicht die Ehe brechen – bin ja nicht verheiratet. Wir sollen nicht auf andere Menschen schauen und das unbedingt haben wollen, was sie haben – autsch!

Von wegen „Gott drückt ein Auge zu“! Immer noch zu viel AT? Du hast es nicht anders gewollt. Also ab ins NT. Jesus gibt Vollgas: Morden? Kein Thema? Jesus sagt: Wer jemanden beschimpft oder mit einer Person zornig ist, begeht Mord (Matth 5,22). Ehebruch? Jesus sagt, dass wir voll unter diese Kategorie fallen, wenn wir eine Frau mit den Augen ausziehen (Matth 5,28). Dies sagt nicht nur Jesus – auch bei Paulus finden wir so einiges: Weder Unzucht, exzessive Partys, Feindseligkeit, Eifersucht, Spaltungen (z.B. in der Gemeinde) noch Intrigen werden toleriert. Dafür sollen wir voll Freude, Frieden, Liebe, Geduld, Freundlichkeit und Selbstbeherrschung sein (Gal 5,19ff).

Ich will noch einen draufsetzen: Schauen wir mal in unseren Alltag und nehmen das grösste aller Gebote: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben mit deinem ganzen Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft und deinem ganzen Verstand.“ (Luk 10,27)

Wie sieht das bei dir aus? Wie steht es um die Leidenschaft für Jesus? Wie ist es um deine erste Liebe bestellt (Off 2,4)? Machst du die Sachen für Gott mit Freude und Leidenschaft? – So sollte es nämlich sein! Freust du dich auf deine Stille Zeit und willst gar nicht mehr aufhören, weil du so begeistert bist von Gott? Kannst du gar nicht anders, als von ihm zu erzählen, weil du so verliebt bist? Setzst du alles daran, Gott Freude zu machen, weil dir die Beziehung zu ihm so wichtig ist? Möchtest du nichts mehr, als…?

Genug! Aufhören! Das ist ja voll der Stress! – Mich würde echt interessieren, was beim Lesen in dir vorgegangen ist. „Komm zum Punkt, was willst du damit erreichen?“ war vielleicht ein Gedanke. Womöglich hast du das alles ja schon gewusst. Wahrscheinlich sogar. Aber ehrlich: Sieht es in deinem Leben so aus? Erfüllst du all das? Und genau hier glaube ich, sind wir „Sissis“. Wir wissen es, sind aber flexibel… Der „gute“ Christ sagt: „Ich versuche es, so gut ich kann!“ – Der Anspruch Gottes ist aber anders!

Ich behaupte, das ist Eustress (guter, gesunder Stress). Wieso? Dieser Stress bringt uns – wenn wir den ganzen Druck, den er auslöst, zulassen – zur wichtigsten Erkenntnis unseres Lebens: Ich kann es nicht – auch als Christ nicht! Und daraus kommt das Vertrauen, der Glaube, die Abhängigkeit, dass Jesus all das für mich bereits erfüllt hat (z.B. Röm 8,1ff), damit Gott mich annimmt. Ich brauche es nicht mehr zu erfüllen! Das ist eine Tatsache – wohl die entscheidenste des Universums!

Das passt dir womöglich auch nicht. „Aber ich muss ja schon so leben, wie Gott das will…“, ist eine Aussage, die ich immer wieder höre. Merken wir etwas? Wir machen uns einen riesen Stress! Disstress (negativer, kranker Stress). Einerseits können wir all die Forderungen Gottes nicht umsetzen, machen sie deshalb flexibel, verbannen sie ins AT, finden gescheite Ausreden. Auf der anderen Seite können wir nicht akzeptieren, dass Jesus für uns bereits alles getan hat und dass diese Tatsache auch nach der Bekehrung noch gilt! Wir versuchen also ein christlich-frommes Gesetz zu erfüllen, das verweichlicht ist, aber noch genug Power hat, uns so zu stressen, dass wir krank werden. Um dieses möchtegern-christliche Gesetz kämpfen wir aber, wenn es darum geht, einfach nur Jesus zu vertrauen. Wir haben völlig nicht kapiert, worum es bei all diesen Forderungen geht: Sie sollen uns in die Arme Jesu stressen – und das nicht nur einmal am Anfang unseres Lebens als Christ, sondern erst recht auch an jedem weiteren Tag als Christ!

Gott hat alles gegeben, deshalb übergeben wir ihm jetzt auch alles!

(Dieser Artikel basiert auf der Argumentation von Paulus in Römer 3)

Geschrieben vor ein paar Jahren für das Magazin „Forum-Jugend“